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TIEFZEIT

Lieber abhängig als alleine

Tiefzeit funktioniert als symbolisches Gegenstück zur Hochzeit. Zwei miteinander verschweisste Ringe laden dazu ein, die emotionale Abhängigkeit in Beziehungen zu hinterfragen, insbesondere das Konstrukt der Ehe und die damit verknüpften symbolischen Werte, wie das Tragen der Eheringe. Auch wenn der Ehering an der Oberfläche als positives Zeichen der ewigen Liebe konnotiert ist, kann er hintergründig als Symbol gegenseitiger Abhängigkeit gelesen werden.

Sich emotional zu binden, ist gesellschaftlich romantisch und positiv konnotiert. Gegenseitige Abhängigkeit und Unselbständigkeit wird dabei häufig als Ausdruck der grossen Liebe missverstanden. Betroffene Paare begreifen sich nicht mehr als eigenständiges Wesen und können sich ein Leben ohne ihre bessere Hälfte oft nicht mehr vorstellen. Auch wenn aus emotionaler Bindung längst emotionale Abhängigkeit geworden ist, halten viele Paare lieber an der vertrauten Bequemlichkeit fest, anstatt sich in die Ungewissheit einer Trennung zu wagen, wo sie auf sich alleine gestellt sind.

Tiefzeit will auf psychologischer und zwischenmenschlicher Ebene die Gefahren emotionaler Abhängigkeit aufzeigen. Die beiden aneinander geschweissten Ringe verbinden unlösbar die Hände zweier Personen. Sobald sie sich bewegen oder in entgegengesetzte Richtungen streben, stossen sie an ihre Grenzen und fügen sich gegenseitig Schmerzen zu, was sie in ein unlösbares Dilemma bringt. Sie werden gezwungen, in der bequemen Position der Zweisamkeit zu verharren, anstatt dem Gegenüber oder sich selbst durch ihre Autonomie Schmerzen zuzufügen.

Nikola Antolkovic

TIEFZEIT